Die ehemalige Pfarrkirche St. Petrus in Ketten in Bliesmengen-Bolchen, Im Oberen Mengen, ist ein flachgedeckter barocker Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss aus der Zeit um 1750, nach heutigen Angaben aus den Jahren 1752/53. Da jedoch bereits 1387 die Pfarrei Bliesmengen urkundlich erwähnt wird, ist davon auszugehen, dass es an dieser Stelle bereits eine Pfarrkirche gab. Vermutlich erstreckte sich dieser Vorgängerbau jedoch in östlicher Richtung, ungefähr dort, wo heute die Leichenhalle steht.
Erhärtet wird diese These dadurch, dass die beiden ersten Geschosse des gotischen Turmes noch aus dem 14. Jahrhundert stammen. Im unteren Teil befindet sich die Sakristei. Bei Restaurierungsarbeiten 2008/09 entdeckte man im Scheitelpunkt des Chorraums den aus Sandstein gefertigten Rahmen (Zarge) der Sakristei-Tür aus dem 15. Jahrhundert.
Pöhlmann (1953) schrieb zur Pfarrkirche Bliesmengen-Bolchen: „Außerdem besaß das Kloster (Gräfinthal – Anm. des Verfassers) das Patronatsrecht der Pfarrkirche zu Blickweiler, …, und jenes der Pfarrkirche zu Bliesmengen, eine Schenkung der Herren von Mengen. Beide Kirchen wurden später, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, dem Kloster inkorporiert.“
Die heute unter Denkmalschutz stehende Pfarrkirche dürfte mit ihrer reichen Wandbemalung und dem Inventar aus dem ehemaligen Kloster Gräfinthal zu den prunkvollsten Kirchen im Bliesgau gehört haben. Der Turmaufbau ist mit einer barocken Haube mit achtseitiger Laterne versehen. Bis zur Beschießung und dem Teileinsturz des Turmes im Winter 1944/45 gab es fünf gotische Spitzbogenfenster.
Die Jahre 1866 – 1912 – 1948 – 1971 waren für unsere ehemalige Pfarrkirche St. Petrus in Ketten entwicklungsbestimmend. Die Jahreszahlen „1866 – 1912 – 1971“ sind über dem Haupteingang zu lesen. Im Jahr 1866 war die Zahl der Bewohner von 579 (1809) auf 812 (1861, darunter nur 3 evangelische Christen) angewachsen und die Kirche daher zu klein geworden. So wurde das Kirchenschiff nach Norden zur Straße hin um eine Fensterachse erweitert. 1912, die Gemeinde zählte inzwischen 934 Einwohner, davon nur 4 Christen evangelischen Glaubens, erfolgte eine grundlegende Renovierung in Form eines Verputzes und eines neuen Außenanstrichs.
Schicksalhaft waren die letzten Monate des 2. Weltkrieges. Bis in den Dezember 1944 war die Kirche fast ohne Beschädigungen geblieben. Der Turm wurde allerdings von der deutschen Einheit als Beobachtungsposten genutzt, und die Abgabe von Signalen aus einer Leuchtpistole beantworteten die Amerikaner mit Artilleriebeschuss. Der Turmhelm wurde weggeschossen, der Turm mit Bronzeglocke und Uhr sowie das Kirchenschiff stark zerstört. Das Dach war eingestürzt, Granaten in das massive Mauerwerk eingeschlagen, die Orgel zerstört und die Altäre beschädigt. Am 11. Juli 1946 stürzte das mittlere Drittel des Gebälkes ein. Auch das vordere Drittel war bei der Inspektion am 9. Dezember 1946 noch baufällig. Unter dem hinteren Drittel der Orgelempore wurde eine Notkirche errichtet.
Erste Sicherungsmaßnahmen durch die Bevölkerung, durch einheimische Handwerker und solche aus der Region erfolgten, bevor ab 1947 der Wiederaufbau der Kirche vor dem Hintergrund großer materieller und finanzieller Probleme für die Gemeinde begann. Die Arbeiten an Turm und Kirchenschiff leitete der Architekt Ludwig Kreischer aus St. Ingbert. Er entwarf auch den neuen Turmhelm, denn man hatte sich entschieden, zuerst den Kirchturm wieder aufzubauen, weil das dafür benötigte Material am leichtesten zu beschaffen schien. Am 2. Oktober 1947, dem Schutzengelfest, wurde der erste Eckstein gesetzt. Als Josef Roth am 11. August 1948 den von Klempnermeister Wimmer aus St. Ingbert gefertigten Turmhahn auf den Turmhelm setzte, fehlte nur noch der Außenanstrich, bevor am 11. Oktober 1948 der Turm endlich fertig war – optisch im neuen Gewand, aber ohne das Zifferblatt der Uhr, das den Bewohnern bis zur Zerstörung angezeigt hatte, was die Stunde geschlagen hatte.
Zuvor, am 2. Mai 1948, am Tag der ersten Haussammlung im Ort für den Wiederaufbau des noch zerstörten Teiles der Kirche, stürzte zur Abendandacht, nach den Aufzeichnungen von Chronist Pfarrer Ludwig Vatter (Gemeindepfarrer, 1947 - 1951) „das alte, schwere Eichengebälk, etwa ein Drittel des ganzen alten Kirchendachstuhles – vom Turm her gesehen – ein!“ Zum Glück kam niemand aus der Kirchengemeinde zu Schaden. Es war noch viel Aufbauarbeit nötig, bis am zweiten Osterfeiertag 1950 vor geladenen Gästen ein Dankgottesdienst für den Wiederaufbau stattfinden konnte. Darüber berichtete die SVZ (Saarländische Volkszeitung) in ihrer Samstagsausgabe vom 15. April 1950 ausführlich:
Die Herkunft und das Alter des ersten Kreuzes / der ersten Kreuze auf dem Kirchendach sind leider unbekannt.
Das neue Dach des Kirchenschiffes sollte nach dem Krieg wieder von einem Firstkreuz gekrönt werden. Im Pfarrarchiv befindet sich eine Zeichnung des „Walmkreuzes für die Kath. Pfarrkirche in Bliesmengen-Bolchen“ des Architekten Ludwig Kreischer aus St. Ingbert, erstellt im November 1948. Sie ist die konstruktive Vorlage des für den Wiederaufbau genehmigten und dabei aufgestellten Firstkreuzes.
Nach dem Bau der neuen Pfarrkirche St. Paulus in Bliesbolchen von 1963 bis 1965 (Kirchweihe am 4. September 1965 durch Bischof Isidor Markus Emanuel aus Speyer) wurde das Kirchenschiff von St. Petrus in Ketten aus verkehrstechnischen Gründen auf den Grundriss von 1866 zurückgebaut. Mehrere Meter First und mit ihm das Kreuz verschwanden wieder. Es lagerte wohl zeitweilig in St. Ingbert.
Am 26. Juni 1971 entweihte der Bischof von Speyer, Friedrich Wetter, die Pfarrkirche St. Petrus in Ketten. Seither wird das ehemalige Gotteshaus als Einsegnungshalle genutzt.
Bei einer Begehung des Kirchturmes und des Bodens des Kirchenschiffes zur Überprüfung des bautechnischen Zustandes wurde das Firstkreuz 2013 wiederentdeckt. Patrick Lauer, ein Mitglied des Vereins für Dorfgeschichte, hielt den Lagerort für „unwürdig“ und unterbreitete dem Verein den Vorschlag, das Kreuz für die Bewohner wieder sichtbar aufzustellen. Interessierte Mitglieder des Heimatvereins unterstützten das Vorhaben „Wiedererrichtung Firstkreuz“. Nach Rücksprache mit dem Ortsrat, Pfarrgemeinderat und dem Denkmalamt wurde eine schnelle Lösung herbeigeführt.
Das Vorhaben, das Firstkreuz vom Dachboden der alten Pfarrkirche zu holen, war allerdings eine Herausforderung. Patrick Lauer holte das Kreuz mit Freunden vom Dachboden der ehemaligen Pfarrkirche hervor. Das Eisenkreuz wurde mit Seilen und einer Absicherung vom Dachboden heruntergelassen. Danach war das Kreuz nach über vier Jahrzehnten wieder auf der Erde angekommen. Am Eisen nagte bereits der Zahn der Zeit, und eine komplette Renovierung war daher unumgänglich.
Die Firma Gebrüder Michely GmbH aus St. Ingbert mit dem Geschäftsführer Markus Dietsch unterstützte das Vorhaben, indem sie die Verzinkung und somit eine fachmännische Restaurierung vornahm. Das Landesdenkmalamt genehmigte die Aufstellung vor der ehemaligen Pfarrkirche, allerdings ohne die gewünschte Beleuchtung. Die Arbeiten am Fundament realisierte die örtliche Bauunternehmung Christian Kraus. Der Verein für Dorfgeschichte hatte mit einigen Vereinsmitgliedern die Vorbereitungsarbeiten zur Setzung des Firstkreuzes mit einer Höhe von 165 cm und einer Breite von 76 cm am neuen Standort übernommen.
Im Rahmen einer Maiandacht in der ehemaligen Kirche St. Petrus in Ketten wurde das Firstkreuz am 27. Mai 2014 von Pfarrer i. R. Fridolin Flieger unter großer Beteiligung der Dorfbevölkerung eingeweiht. Inzwischen steht das Kreuz so fest auf seinem Platz vor der ehemaligen Kirche, als wäre es nie eine Zeit lang entschwunden gewesen.
Text: Verein für Dorfgeschichte Bliesmengen-Bolchen e. V.
Fotos: Verein für Dorfgeschichte Bliesmengen-Bolchen e. V., Karsten Sommer, Dorfverein Bliesmengen-Bolchen e. V.